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10.09.2014

Cheat

Stellen wir uns folgende Situation vor: Der Geschäftsführer eines Unternehmens erkennt, dass die Produktion nicht funktioniert, die Umsätze sinken, die Gewinne schrumpfen, die Mitarbeiter sind demotiviert und er hat keine Ahnung, woran das liegt. Jetzt geht es um seinen Job. Da fällt ihm die Lösung ein: Er stellt ein Konzept für die Neuausrichtung des Unternehmens auf. Das verkauft er mit großer Überzeugungskraft dem Vorstand. Am Ende wird alles besser und profitabler sein. Der Vorstand willigt ein. Nun hat er zwar immer noch keine Ahnung, warum es nicht läuft, aber er kann jedes Problem die nächsten Jahre auf die laufende Neuausrichtung schieben. Wichtig ist dabei nur, dass man tatsächlich jede Abteilung des Unternehmens umkrempeln muss, sonst fällt es auf.
Ähnlichkeiten mit der Neuausrichtung der Bundeswehr sind nicht unbedingt zufällig.


Jetzt im 5. Jahr der Neuausrichtung wäre es doch an der Zeit mal eine Zwischenbilanz zu ziehen. An dieser Stelle beschränken wir uns auf die fliegenden Verbände, jedoch in dem Wissen, dass es bei den Landfahrzeugen und den Schiffen nicht besser aussieht.
Im Bereich der Hubschrauber liegt die Klarstandsrate (Anzahl der einsatzfähigen Hubschrauber bezogen auf den Bestand in Prozent) bei unter 20%. Besonders bei den neuen Waffensystemen NH90 und Tiger verwundern diese Zahlen, denn sie sollten eigentlich über 66% liegen. Darüber hinaus sind diese Hubschrauber nicht nur mit jahrelanger Verspätung geliefert worden, sondern auch nicht einmal in der bestellten Konfiguration. Das bedeutet, dass dieser Zustand der schlechten Klarstände sich noch für Jahre hinziehen wird. Denn die Hubschrauber, die jetzt ausgeliefert sind, müssen in den nächsten Jahren zurück zum Hersteller, um dort nachgerüstet (Retrofit) zu werden. Für den Hubschrauber NH90 dürften mittlerweile Zweifel angebracht sein, ob er für den Betrieb in der Bundeswehr geeignet ist. Die Anzahl der fliegenden Dienstposten in den Verbänden wird einen durchhaltefähigen Einsatz von mehr als 5 Hubschraubern nicht zulassen. Der schlechte Klarstand hat im Heer dazu geführt, dass die zur Verlängerung der Lizenzen der Piloten erforderlichen Flugstunden nicht mehr vorhanden sind. Dies führt zu der sogenannten Entpflichtung des Nicht-Zukunftspersonals . In einer zweiten Welle sollen dann Entpflichtungen bis zu einer Gesamtzahl von 500 Dienstposten (also auch Zukunftspersonal) erfolgen. Bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung werden allein durch die Entpflichtungen Personalinvestitionen in Höhe von ca. 2,5 Milliarden Euro abgeschrieben werden müssen. Die bisher von der Luftwaffe erfüllten SAR Aufgaben, die jetzt im Heer angesiedelt sind, werden zukünftig mit EC 135 Hubschraubern (5) durchgeführt. Grundsätzlich sind hier die Aussichten auf einen halbwegs vernünftigen Klarstand besser, da es sich um ein bewährtes Muster für diese Aufgabe handelt.
Die CH53 verfügt nach dem Transfer zur Luftwaffe mittlerweile ebenfalls nur noch über einen Klarstand von ca 10%.
Eine ebenfalls mangelnde Flugstundenproduktion führt auch hier zu Problemen bei der Lizenzverlängerung.
Während die C 160 bei den Flugzeugen noch die relativ beste Klarstandsrate aufweist, leidet das Waffensystem darunter, dass nur teilweise Selbstschutzauststattung eingerüstet wurde (Sparen fängt im Kleinen an) und es wegen seines Alters an Reputation verloren hat.
Wenn im November dieses Jahres die erste A400M 5 Jahre später als geplant nach Wunstorf geliefert wird, beginnt ein Auslieferungs- und Retrofitprozess, der sich über die nächsten 8 Jahre hinziehen wird. Es steht zu befürchten, dass auch bei diesem Muster die Klarstandsraten davon erheblich beeinflusst werden.
Die Hubschrauber der Marine sind teilweise nicht mehr versorgbar.

Die Neubeschaffungen belaufen sich auf ca 50 Milliarden Euro, von denen absehbar 40 Milliarden Euro die nächsten Jahre in irgendwelchen Instandsetzungshallen herumstehen werden. Dem gegenüber sind Infrastrukturmaßnahmen zur Realisierung der Standortentscheidungen in Höhe von ca 2 Milliarden Euro erforderlich. Dazu gehört auch, dass modernisierte Standorte wie Roth und Rheine geschlossen werden. (Abschreibung ca 200 Millionen Euro) In diesem Zusammenhang fordert der Wehrbeauftragte ein Milliardenprogramm zur Modernisierung der Ausrüstung und Infrastruktur.
Einsparungen im Einzelplan 14 wurden nicht erreicht, oder waren ungeplant, weil Mittel nicht abfließen konnten.

Es ist an der Zeit eine schonungslose Bestandsaufnahme der Einsatzbereitschaft und damit auch der Neuausrichtung durchzuführen. Dazu ist das Parlament nicht nur berechtigt, sondern auch im Rahmen der Haushaltsverantwortung verpflichtet.
Der Bundesvorsitzende

 

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